Allgemein

Bilanzielle Erfassung staatlicher Stützungsmaßnahmen

12. Mai 2021


  1. a) Bilanzielle Erfassung von Kurzarbeitergeld


Aktuell müssen viele Unternehmen vom Instrument der Kurzarbeit Gebrauch machen. Dies bedeutet, dass die betriebsübliche Arbeitszeit für einen vorübergehenden Zeitraum reduziert wird und ein entsprechend vermindertes Arbeitsentgelt gezahlt wird. Gegebenenfalls erfolgt Kurzarbeit auf Null, so dass kein laufendes Arbeitsentgelt gezahlt wird. Der Arbeitgeber hat – unter bestimmten Bedingungen – Anspruch gegenüber der Bundesagentur für Arbeit auf Erstattung des an die Arbeitnehmer gezahlten Kurzarbeitergeldes. Arbeitgeber haben aktuell gegenüber der Agentur für Arbeit auch Anspruch auf Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge. Darüber hinaus wird vielfach von den Arbeitgebern das Kurzarbeitergeld aufgestockt, damit die finanzielle Schlechterstellung der Arbeitnehmer vermindert oder verhindert wird.

Im Jahresabschluss zum 31.12.2020 sind insoweit folgende Aspekte zu beachten:

–  Wurde in 2020 Kurzarbeit angeordnet, so ist als laufender Personalaufwand der verminderte Lohn einschließlich Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung zu buchen.

–  Von der Agentur für Arbeit erstattetes Kurzarbeitergeld stellt einen durchlaufenden Posten dar, wird also nicht erfolgswirksam gebucht. Die Buchung erfolgt per Forderung gegen Agentur für Arbeit an Verbindlichkeit Arbeitnehmer. Im Jahresabschluss ist eine Forderung gegen die Agentur für Arbeit einzubuchen, wenn sämtliche Anspruchsvoraussetzungen einschließlich der wirksamen Erstattung der Anzeige über den Arbeitsausfall zum Abschlussstichtag erfüllt sind und der Antrag auf Erstattung bis zur Bilanzaufstellung gestellt oder mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit innerhalb von drei Monaten fristgerecht gestellt werden wird.

–  Freiwillige Aufstockungsbeträge sind laufender Personalaufwand.

–  Die Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge ist als nicht rückzahlbare öffentliche Zuwendung zu behandeln. Ansatz einer Forderung, wenn die sachlichen Voraussetzungen bis zum Bilanzstichtag erfüllt sind und ein Antrag auf Erstattung bis zur Bilanzaufstellung gestellt ist oder so gut wie sicher ist. Der Ausweis erfolgt als sonstiger betrieblicher Ertrag oder wahlweise als Buchung im Personalaufwand (als Minderungsposten).

–  Ggf. ergibt sich eine Erläuterungspflicht im Anhang – soweit ein Anhang aufgestellt werden muss, wie insbesondere bei einer GmbH oder GmbH & Co. KG.

Hinweis:

Die Voraussetzungen für die Erstattung von Kurzarbeitergeld durch die Agentur für Arbeit sollten sorgfältig dokumentiert werden, so insbesondere die Vereinbarung der Kurzarbeit mit den Arbeitnehmern oder dem Betriebsrat und die Arbeitszeitkonten.

  1. b) Bilanzielle Erfassung der November- und Dezemberhilfen


Die Corona-Hilfen, also die Soforthilfen, das Überbrückungsgeld und die November- und Dezemberhilfen, sind nicht rückzahlbare Zuwendungen der öffentlichen Hand. Diese sind ertragswirksam zu erfassen. Vor dem Hintergrund, dass insbesondere die November- und Dezemberhilfen teilweise bis heute nicht oder nicht vollständig ausgezahlt wurden, stellt sich die Frage, zu welchem Zeitpunkt bei bilanzierenden Stpfl. die Hilfen als Ertrag zu buchen sind, insbesondere ob diese im Jahresabschluss zum 31.12.2020 bereits zu berücksichtigen sind.

Im Grundsatz gilt insoweit wie bei anderen Erträgen auch das Realisationsprinzip. Konkret bedeutet dies:

–  Sind bis zum Bilanzstichtag die sachlichen Voraussetzungen für die Zuschussgewährung erfüllt und zudem die Zuwendung bis zur Beendigung der Aufstellung des Abschlusses ohne Auszahlungsvorbehalt bewilligt, so ist der Anspruch bereits im Jahresabschluss zu erfassen. Die Stellung des Antrags bis zum Abschlussstichtag ist keine sachliche Voraussetzung, wenn und solange der Antrag auch noch danach gestellt werden kann.

–  Einer Bewilligung bis zur Aufstellung des Jahresabschlusses bedarf es nicht, wenn die Gewährung des Zuschusses so gut wie sicher ist. Hiervon ist aktuell auszugehen. Das heißt, die Zuwendungen sind bereits dann als Forderung ertragswirksam im Jahresabschluss zu erfassen, wenn der Bilanzierende die sachlichen Voraussetzungen zum Abschlussstichtag erfüllt hat und zum Zeitpunkt der Beendigung der Aufstellung des Abschlusses der erforderliche Antrag gestellt ist oder mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gestellt werden wird. Dies gilt, obwohl auf diese Hilfen kein Rechtsanspruch im zivilrechtlichen Sinne besteht, da aktuell davon ausgegangen werden kann, dass der zuständigen Behörde bei Erfüllung der sachlichen Voraussetzungen durch den Antragsteller faktisch so gut wie kein Ermessensspielraum hinsichtlich der Bewilligung der Leistung zukommt und die öffentliche Hand für die betreffende Billigkeitsleistung ausreichende Haushaltsmittel bereitstellen wird.

–  Ist die Erfüllung der sachlichen Voraussetzungen für die Zuschussgewährung dagegen unsicher, so scheidet eine ertragswirksame Vereinnahmung vor Bewilligung aus. Dies kann bspw. der Fall sein, wenn unsicher ist, ob sich das Unternehmen bereits zum 31.12.2019 in (wirtschaftlichen) Schwierigkeiten befunden hat und diesen Status danach nicht wieder überwunden hat.

–  Aus dem Umstand der Gewährung einer Abschlagszahlung – ohne dass bislang ein Bewilligungsbescheid in mindestens gleicher Höhe vorliegt – kann nicht per se geschlussfolgert werden, dass zum Abschlussstichtag die sachlichen Voraussetzungen für die Gewährung der Corona-Finanzhilfe (in Höhe des Betrags der Abschlagszahlung) erfüllt waren. Bis zum Abschlussstichtag bereits zugeflossene Abschlagszahlungen sind als Schuld zu passivieren (Bilanzposten „sonstige Verbindlichkeiten“), wenn zum Zeitpunkt der Beendigung der Aufstellung des Abschlusses keine hinreichend hohe Sicherheit bzgl. der Erfüllung der Antragsvoraussetzungen und der späteren Entstehung des Rechtsanspruchs gegeben ist.

–  Keine Voraussetzung für die Aktivierung eines Anspruchs auf eine Corona-Finanzhilfe im Abschluss auf den 31.12.2020 ist, dass bis zum Zeitpunkt der Beendigung der Aufstellung des Abschlusses bereits der sog. Schlussabrechnungsbescheid vorliegt.

–  Soforthilfen, November-/Dezemberhilfe, Überbrückungshilfe und vergleichbare Unterstützungsleistungen sind als steuerpflichtige Betriebseinnahmen zu erfassen. Der Umsatzsteuer unterliegen diese aber mangels Leistungsaustausch nicht.

–  In der handelsrechtlichen Gewinn- und Verlustrechnung sind diese Hilfen als „sonstige betriebliche Erträge“ zu erfassen. Eine ertragswirksame Erfassung scheidet nur ausnahmsweise dann aus, wenn die Hilfen ausdrücklich für die Anschaffung von bilanzierungspflichtigen Wirtschaftsgütern gewährt werden. So bspw. die Gewährung von Überbrückungshilfe III für coronabedingte Umbaumaßnahmen oder Anschaffung von EDV.

–  Ggf. ergibt sich eine Erläuterungspflicht im Anhang.

Hinweis I:

Ergibt eine durch den Stpfl. probeweise durchgeführte Endabrechnung auf Grund der tatsächlich eingetretenen Ist-Zahlen, dass sich eine Rückzahlungsverpflichtung ergibt, so ist diesem Umstand bei der Vereinnahmung Rechnung zu tragen. Dies dürfte unabhängig davon sein, ob bereits eine Rückforderung von Seiten der bewilligenden Behörde besteht.

Hinweis II:

Anders ist der Zufluss solcher Hilfsmaßnahmen bei Stpfl., die ihren Gewinn mittels Einnahmen-Überschussrechnung ermitteln. In diesem Fall sind die Hilfen als Einnahme im Zeitpunkt des Zuflusses zu erfassen. Dementsprechend sind auch bloße Abschlagszahlungen mit Gutschrift als Einnahme zu buchen. Kommt es im Rahmen der Schlussrechnung zu Rückzahlungen, so sind diese im Zeitpunkt des Abflusses als Ausgabe zu verbuchen.
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